Über den Unterschied zwischen "Robustheit" und "Resilienz"


Vielleicht sind auch Sie – so wie viele andere auch – der Meinung, dass Resilienz und Robustheit dasselbe beschreiben oder der Unterschied nicht erwähnenswert ist. Dieser Meinung kann ich mich nicht anschließen. Ich sehe das anders, und zwar aus den folgenden Überlegungen:

WIKIPEDIA beschreibt Resilienz als einen Prozess, in dem Personen auf Probleme oder Veränderungen mit Anpassung ihres Verhaltens reagieren. Dieser Prozess umfasst:

  • Auslöser, die Resilienz erfordern (z. B. ein traumatisches Erlebnis oder belastender Stress), 
  • Ressourcen, die Resilienz begünstigen (z. B. Selbstbewusstsein, positive Lebenshaltung, unterstützendes Umfeld) und
  • Konsequenzen (z. B. Veränderung im Verhalten oder in Einstellung).

 

Das Gegenteil von Resilienz ist Vulnerabilität (Verletzlichkeit, Verletzbarkeit — [das dwds.de schreibt: die Wahrscheinlichkeit, einen Schaden zu erleiden, weil es keinen ausreichenden Schutz vor Gefahren, Angriffen, negativen Einflüssen o. Ä. gibt]).

 

Robustheit hingegen bezeichnet laut WIKIPEDIA die Fähigkeit eines Systems, Veränderungen ohne Anpassung seiner ursprünglichen Struktur standzuhalten.

Das Gegenteil von Robustheit ist Fragilität (Zartheit, Zerbrechlichkeit).

Bezogen auf die unternehmerische Persönlichkeit, die unternehmerische Tätigkeit und das Unternehmen selbst ist die Robustheit die Vorstufe zur Resilienz.

Das Trainieren der Robustheit verschiebt die Grenze, was als belastend oder als traumatisch empfunden wird, nach oben.

 

Robustheit macht uns weniger anfällig für Stress oder für Störungen. Diese werden leichter ausgehalten. Das Unternehmen hat Strategien und Taktiken entwickelt, mit belastenden Faktoren im Außen (z. B. neue Wettbewerber, Wirtschaftskrisen, ...) und im Innen (Fehler, zu wenige Mitarbeiter, unerfahrene Mitarbeiter, fehlende Erfahrung, … ) umzugehen, ohne sich dabei – das ist wichtig - substanziell ändern zu müssen.

 

Bildlich können Sie sich das wie einen Boxer vorstellen. Der robuste Boxer kann Schläge des Gegners gut wegstecken, passt im Laufe seines Kampfes die Taktik an und gewinnt am Ende. Das ist robust.

 

Wenn hingegen der Boxer niedergeschlagen wird (= traumatisches Erlebnis) und danach wieder aufsteht und weiterkämpft, dann ist das resilient.

 

Das Training, um Schläge besser aushalten zu können, trainiert also die Robustheit.

Ein Beispiel

Stellen wir uns als Ausgangssituation ein Installationsunternehmen mit rund 40 Mitarbeitern vor. Das Unternehmen erzielt zwei Drittel des Umsatzes mit drei großen Bauträgern. Der größte der drei Bauträger geht in Konkurs. Es kommt zu nennenswerten Zahlungsausfällen und der größte Kunde ist weg.

  • Fragiles Szenario: Infolge des Konkurses des größten Kunden geht das Installationsunternehmen ebenfalls in Konkurs. Das ist fragil.
  • Robustes Szenario: Infolge des Konkurses des größten Kunden nimmt das Installationsunternehmen Anpassungen im Kostenbereich vor, greift auf Reserven zurück und setzt neue Akzente im Vertrieb. Nach etwa einem Jahr befindet sich das Unternehmen wieder auf dem Niveau, wie vor dem Konkurs des größten Kunden. Das ist robust.
  • Resilientes Szenario: Das Installationsunternehmen geht infolge des Konkurses des größten Kunden selbst in Konkurs. Der Unternehmer/Die Unternehmerin beschließt, so nicht mehr weitermachen zu wollen. Er/Sie versammelt die fähigsten Mitarbeiter des alten Installationsbetriebes um sich und gründet ein neues Unternehmen. Das neue Unternehmen spezialisiert sich auf die Einrichtung und Betreuung von Smart Homes. Das ist resilient.
  • Antifragiles Szenario: Nach dem Konkurs des größten Kunden geht ein Mitbewerber des Installationsunternehmens in Konkurs. Das Unternehmen übernimmt die Aufträge und die besten Mitarbeiter des Konkurrenten, steigert den Umsatz um ein Drittel und verdoppelt den Gewinn. Das Installationsunternehmen hat von einem „Schockerlebnis“ profitiert. Es ist antifragil. So würde es Nassim Taleb, der Philosph und Risikoforscher, beschreiben.

 

Wenn wir unsere Unternehmen robuster machen wollen, dann bemühen wir uns, unsere „Schmerzgrenze“ nach oben zu verschieben. Wir wollen gar nicht mehr in die Situation kommen, resilient sein zu müssen. Wenn es dann doch notwendig ist, dann sind wir es. Schließlich haben wir trainiert. Dieses Vorgehen verbessert unsere Lebensqualität, erhöht unsere mentalen Reserven und stärkt die Zuversicht.

Bildlich gesprochen:

1.      Wir stehen auf einem Bein,

2.      zuerst mit offenen Augen,

3.      dann mit geschlossenen Augen,

4.  und im nächsten Schritt binden wir unsere Schuhe auf einem Bein stehend mit geschlossenen Augen.

 

Wenn uns das auf unternehmerischer Ebene gelingt, dann sind wir auf einem robusten Weg.

 


Eine Frage der Robustheit

 

Ohne näher auf die Details einzugehen, schätze ich die Robustheit meines Unternehmens auf einer Skala von 0 bis 10 wie hoch ein?

0 … Mein Unternehmen ist fragil. Ich habe in keinem Bereich Reserven. Der Verlust eines Kunden würde das AUS meines Unternehmens bedeuten.

 

10 ... Mir und meinem Unternehmen kann nichts passieren. Mein Unternehmen hat ausreichend finanzielle Reserven, um eine längere Durststecke aushalten zu können. Dadurch habe ich die Zeit, das Wissen und die Möglichkeiten, mein Geschäftsmodell erfolgreich anzupassen.